Freitag, 25. Februar 2011

BSG: Ein Fernsehgerät gehört nicht zur Erstausstattung einer Wohnung


Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung einschließlich der Haushaltsgeräte sind nach den geltenden Vorschriften des SGB II nicht vom Hilfebedürftigen über dessen Regelleistungen zu erbringen, sondern zusätzlich zu diesen vom jeweiligen Leistungsträger zu gewähren.

Soweit, so gut! Ein zuvor Obdachloser beispielsweise hat also Anspruch auf Möbel, Waschmaschine usw., wenn er eine Wohnung erstmalig bezieht. Zählt ein Fernsehgerät ebenfalls dazu? Immerhin dürfte sich wohl in jeder deutschen Wohnung ein TV-Gerät befinden. 

Das Bundessozialgericht sieht das nicht so, wie aus der Pressemitteilung zu dem am 24.02.2011 gesprochenen Urteil folgt.

Der beklagte Leistungsträger sei nicht verpflichtet, als Erstausstattung für die Wohnung auch Leistungen für ein Fernsehgerät zu erbringen. Zur Erstausstattung einer Wohnung gehörten nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wohnraumbezogene Gegenstände, die für eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen erforderlich seien. Hierzu zähle ein Fernsehgerät nicht. Es sei weder ein Einrichtungsgegenstand noch ein Haushaltsgerät. Dass ein Fernsehgerät zum täglichen Leben gehöre und etwa 95 % der Bevölkerung ein entsprechendes Gerät hätten, führe zu keiner anderen Beurteilung. Freizeit, Informationsbedarf, Kommunikation – all das müsse aus dem Regelbedarf bestritten werden.

Da ein TV-Gerät aber deutlich teurer ist als beispielsweise eine Kinokarte oder eine Zeitschrift, ja augenscheinlich neu ohnehin mehr kostet, als der Regelsatz ausmacht und auch gebraucht einen großen Teil dessen verschlingen würde, besteht nur die Möglichkeit, die Anschaffungskosten als Darlehen vom Leistungsträger zu erhalten. Auf eine entsprechende Vorschrift hat das BSG in seiner Entscheidung ausdrücklich verwiesen.

Urteil vom 24.02.2011, Aktenzeichen B 14 AS 75/10 R

Mittwoch, 16. Februar 2011

Einmal Chefarztgattin – immer Chefarztgattin? Wie viel Unterhalt bekommt die erste, wie viel die zweite Ehefrau?


Das ist landläufig bekannt: Wer sich scheiden lässt, kommt um den Unterhalt nicht herum. Meistens zahlt der Mann und die Frau erhält. Doch wie hoch ist der Unterhalt unter Eheleuten? Diese Frage ist seit Langem so klar wie unklar: er hängt von den ehelichen Lebensverhältnissen ab, wird also nicht pauschal nach Tabellen wie beim Kindesunterhalt berechnet. Das Einkommen der einzelnen Geschiedenen wurde – vereinfacht gesagt – addiert und dann durch zwei geteilt. Das jeweilige Einkommen wurde auf den so ermittelten Unterhaltsbedarf angerechnet. Bis zum 31.12.2007 wurden die ehelichen Lebensverhältnisse für den Zeitpunkt der Scheidung ermittelt. Wer als Chefarztgattin geschieden wurde, konnte praktisch den Rest seiner Tage Unterhalt als Chefarztgattin erhalten. Neben vielen betroffenen Männern fand das dann auch der Gesetzgeber ungerecht und erneuerte mit Wirkung zum 1.1.2008 das Unterhaltsrecht. Nachehelicher Unterhalt lässt sich nun stärker zeitlich befristen und der Höhe nach reduzieren, alles unter dem Gesichtspunkt, dass der geschiedene Ehepartner grundsätzlich für sich selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen muss. Des Weiteren ist die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige nicht in der Lage ist, ihnen allen Unterhalt zu leisten (sogenannter Mangelfall), neu festgelegt worden: Während den minderjährigen Kindern der erste Rang zugewiesen ist, sind geschiedene und neue Ehegatten im Rang grundsätzlich gleichgestellt. Chefarztgattin ade!

Diese neue Gesetzeslage hat den Bundesgerichtshof veranlasst, in einem Grundsatzurteil festzustellen, wie viel Unterhalt ein geschiedener Ehegatte verlangen kann, wenn ein neuer Ehegatte vorhanden ist. Mit Urteil vom 30. Juli 2008 hat er erstmals eine Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehepartner in die Bemessung des Bedarfs des geschiedenen Ehegatten einbezogen und geurteilt, dass der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten zu ermitteln sei, indem seine Einkünfte ebenso wie diejenigen des Unterhaltspflichtigen und dessen neuen Ehepartners zusammengefasst und durch drei geteilt würden (sogenannte Dreiteilungsmethode). In einer Kontrollrechnung sei anschließend sicherzustellen, dass der geschiedene Ehegatte höchstens den Unterhalt erhalte, der sich ergäbe, wenn der Unterhaltspflichtige nicht erneut geheiratet hätte. Immerhin seien der alte und der neue Ehegatte gleichrangig; zudem zeigten die Regelungen zur Befristung und Höhenbeschränkung des nachehelichen Unterhaltes, dass sich die ehelichen Lebensverhältnisse nach der Scheidung zulasten des Geschiedenen durchaus ändern könnten.

Damit ergab sich die Situation, dass bei der Ermittlung der Höhe des Geschiedenenunterhaltes vor einer Wiederheirat die Einkünfte der Geschiedenen durch zwei, nach der Wiederheirat aber durch drei geteilt werden. Das benachteiligt den Geschiedenen grundsätzlich und selbst dann, wenn der neue Ehegatte sehr hohes Einkommen hat, da der Geschiedenenunterhalt durch die Kontrollrechnung nach oben beschränkt wird auf den Betrag, der vor der Wiederheirat hätte verlangt werden können.

Diese Benachteiligung ist ab sofort gekippt: Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 25.01.2011, 1 BvR 918/10, die Dreiteilungsmethode für verfassungswidrig erklärt. Die Rechtsprechung des BGH ersetze ungerechtfertigterweise die gesetzgeberische Grundentscheidung zur Bestimmung des Unterhaltsbedarfs durch eigene Gerechtigkeitsvorstellungen. Das stehe dem Gericht nicht zu. Das BVerfG hat ein Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts, welches die BGH-Rechtsprechung angewendet hatte, aufgehoben und zur neuen Entscheidung zurückgewiesen. Man darf gespannt sein, was der BGH aus der neuen Rechtsprechungslage macht.


Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 25.01.2011
1 BvR 918/10 -

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20110125_1bvr091810.html

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