Die Eltern haben das Recht und die Pflicht, sich um ihre Kinder zu sorgen, sie zu versorgen, zu erziehen und aufzuziehen. Das ist natürlich und dürfte jedem ohne Weiteres einleuchten.
Quasi systemimmanent problematisch ist aber dieses Recht im Falle von Trennung und Scheidung. Zwar ist es seit geraumer Zeit gesetzlicher Normalfall, dass getrennte oder geschiedene Eltern das gemeinsame Sorgerecht behalten; jedoch geht mit einer Trennung sehr häufig einher, dass die gemeinsame Basis der Eltern verloren gegangen ist, was sich natürlich auch auf die Grundlage zur Erziehung der Kinder auswirkt.
Außerdem tauchen oftmals auch bei gemeinsamem Sorgerecht die alltäglichen Probleme des Umgangs auf: wie oft, wann und wo darf der Elternteil seine Kinder sehen, mit ihnen umgehen, bei dem sie nicht regelmäßig leben? Das ist konfliktgeladen und oftmals instrumentalisiert für Zwecke, die sich allein auf der Elternebene abspielen und gleichwohl den Kindern schaden.
Schließlich gibt es die Fälle, die immer wieder aktuell in der Presse veröffentlicht werden, in denen es schlimme Verfehlungen von Eltern ihren Kindern gegenüber gibt. Wie wirkt sich so etwas auf Sorgerecht und Umgang aus?
Quasi permanent fällen deutsche Familiengerichte zu allen erdenklichen Einzelfragen in diesem Bereich Beschlüsse. Einige aktuelle Beschlüsse von Obergerichten aus Dezember 2010 sollen hier exemplarisch genannt werden:
Der Entzug der elterlichen Sorge gegenüber der Mutter und Fremdunterbringung der im Haushalt der Mutter lebenden Kinder ist gerechtfertigt, wenn die Mutter sich nur eingeschränkt um die Grundversorgung ihrer Kinder kümmern kann.
Die unter Betreuung stehende Mutter war in dem zugrunde liegenden Fall außerstande, für ausreichende Nahrungsmittel im Haushalt zu sorgt, den Kindern altersangemessene Grenzen zu setzen und konnte ihr Kinder die Kinder nicht vor dem Alkoholproblem ihres Lebenspartners schützen kann. Der rechtliche Betreuer der Mutter konnte vorliegend keine durchgreifende Änderung in dieser Versorgungssituation zu bewirken.
Zwar wollten die Kinder weiterhin bei der Mutter leben; da ihr Kindeswohl aber erheblich gefährdet sei, setzte sich das Gericht über diesen Wunsch hinweg.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.12.2010 - 10 UF 176/09
Das Umgangsrecht des Vaters kann wegen Gefährdung des Kindeswohls auf Briefe und Fotos u. dgl. beschränken werden, wenn die betroffenen Kinder deshalb stark traumatisiert sind, weil sie miterleben mussten, dass und wie der Vater gewalttätig zur Mutter gewesen ist, und der unmittelbare persönliche und telefonische Kontakt zum Vater negativen Einfluss auf die seelisch-geistige Entwicklung der Kinder haben können. Das gilt bereits dann, wenn nach dem Bericht des Jugendamtes die Kinder den Kontakt zum Vater ablehnen, weil sie Angst vor ihm haben.
OLG Köln, Beschl. v. 06.12.2010 - 4 UF 183/10
Ein rückwirkender Entzug der elterlichen Sorge kommt regelmäßig nicht in Betracht. Eine Kindeswohlgefährdung, die die Entziehung des Sorgerechtes erforderlich macht und rechtfertigt, liegt vor, wenn eine gegenwärtige oder zumindest unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Kindesentwicklung abzusehen ist, die bei ihrer Fortdauer eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt.
Damit sind Fallgestaltungen nicht denkbar, unter denen eine Maßnahme für die Vergangenheit getroffen werden kann. Insbesondere kann ein Entzug ohne Anhaltspunkte für eine künftige Kindeswohlgefährdung nicht darauf gestützt werden, dass das Kindeswohl in der Vergangenheit gefährdet war, etwa weil sich der Sorgeberechtigte geweigert hat, Hilfe zur Erziehung für eine zwischenzeitlich erledigte Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie zu beantragen.
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 03.12.2010 - 2 UF 59/10